„Nein, meine Söhne geb´ ich nicht“ – Gedanken zum Volkstrauertag

Normalerweise wäre heute – am Volkstrauertag – am Ehrenmal an der Frieterhostraße ein Kranz zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Vertreibung niedergelegt worden. Bedingt durch die anhaltende Corona-Pandemie kann diese Aktion leider im gewohnten Rahmen nicht stattfinden. Trotzdem haben wir die Möglichkeit, kurz inne zu halten und den Opfern zu gedenken.

Per Zufall habe ich vor einigen Wochen in einer Fachzeitschrift von der Neuproduktion des Songs „Nein, meine Söhne geb´ ich nicht“ des bekannten Friedensaktivist Reinhard Mey gelesen. Dieses 1986 erschiene Lied wurde in einer aufwendigen und mit vielen Stars der Musikbranche gespickten Version neu aufgelegt und hat auch nach fast 35 Jahren nichts von seiner eingängigen Aussage und seiner pazifistischen Intension verloren.

Obwohl wir nun schon über 70 Jahre in Frieden in Deutschland leben, wird jede Mutter und jeder Vater zweifelsohne immer noch genauso wie Mey denken. Eine Parallele zwischen den Höchstzeiten des kalten Krieges in den 80er Jahren und heute zu ziehen fällt aber trotzdem schwer. Standen sich damals bis an die Zähne bewaffnete Konfliktparteien an der Innerdeutschen Grenze gegenüber, ist es heute für uns ein einfaches in alle Länder des ehemaligen Ostblocks zu fahren – sei es für Geschäfts- oder Urlaubsreisen: Etwas, dass bis zum Fall der Mauer nicht denkbar gewesen wäre.  

Verliert das Lied von Reinhard Mey deshalb an Eindringlichkeit, Bedeutung und inhaltlicher Wirkung?
Meiner Meinung nach nicht: Wenn Politiker den Waffeneinsatz gegen Flüchtlinge an den deutschen Grenzen fordern, wenn Präsidenten in Übersee eine Mauer gegen Flüchtlinge errichten wollen, wenn die Kriegsregionen Naher Osten und Kaukasus auch nach vielen Jahren immer noch nicht befriedet sind, ist der Inhalt von Meys Lied zeitlos und universell. Krieg und Waffeneinsatz kennen nur Verlierer.

Eine Reduzierung des Gedenkens auf Opfer des Krieges kommt meiner Meinung nach in der aktuellen Situation aber zu kurz: Die weltweit grassierende Pandemie fordert auch jetzt Opfer und schränkt das öffentliche Leben erheblich und nachhaltig ein. Über 12.000 Menschen haben mit oder durch Corona bisher in Deutschland ihr Leben verloren. Aber jeder von uns ist in der Lage, etwas für die Gesundheit seiner Mitmenschen zu tun: Abstand halten, Alltagsmaske und Hände waschen sind nur ein kleiner aber entscheidender Beitrag! Darüber hinaus ist eine Entschädigung der finanziell unter diesen Einschränkungen leidenden Branchen wichtig und richtig! Gaststätten, Hoteliers, Fitnessstudios, Künstler und das komplette Veranstaltungsgewerbe dürfen nicht die Leittragenden dieser Einschränkungen sein. Daher ist es wichtig, mit vereinter Kraft „an einem Strang zu ziehen“ und bis zum Erscheinen des Impfstoffes aufeinander Acht zu geben.